Aston Martin DBX (2020)
Der etwas andere Aston

Lange haben sie sich ja geziert bei Aston, um es der Sportwagen-Konkurrenz von Porsche, Lamborghini oder Bentley nachzumachen. Doch nun steht der erste Aston Martin-SUV zur Ausfahrt bereit. Dann wollen wir mal.

Aston Martin DBX
Foto: Aston Martin

Manchmal schreibt Corona seltsame Geschichten. Die internationale Fahrpräsentation des Aston Martin DBX sollte in Kalifornien stattfinden. Geht nun nicht. Also Eifel. Die entfaltet sich westlich des Rheinlands in Richtung Belgien und enthält neben dem Nürburgring auch ein Offroad-Gelände für Fahrtrainings und ein Stück Autobahn, das ziemlich neu und unbefahren nach Süden in Richtung Moseltal führt. Fahrprogramm auf Sport, und ab geht’s. Der Aston hämmert los, ist bereits nach knapp fünf Sekunden über 100 km/h schnell.

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Die Neungangautomatik lädt fix die Gänge nach. Immer noch kein Verkehr zu sehen, bald steht die Nadel über 250. Hoppla, leichter Versatz durch Seitenwind auf der nächsten Talbrücke. Kein Problem, es erinnert nur daran, dass der DBX trotz allem ein ziemlicher Trumm von einem Auto ist: knapp über fünf Meter lang, 1,68 Meter hoch, da findet so ein eifelländischer Westwind schon ein wenig Angriffsfläche.

Aston Martin DBX
Aston Martin
550 PS bringen den 2,2-Tonner schnell voran: Von Null auf 100 geht es in knapp fünf Sekunden.

Wenig später auf der Landstraße gelingt es dem Aston ein wenig besser, seine physikalische Größe zu kaschieren. Da tanzt er die Kehren zur Mosel bergab, die Lenkung erfordert etwas Zugriff, vermeldet dabei sehr gesprächig den Straßenzustand. Und die Wankstabilisierung, die bei Aston mit dem kryptischen Kürzel eARC bezeichnet wird, leistet Schwerarbeit. Erlaubt dem DBX gerade so viel Seitenneigung, dass sich die Fahrt nicht synthetisch anfühlt. Allzuviel Gewicht müssen die vier Dreikammer-Luftfedern ohnehin nicht durch die Gegend wuchten, mit 2.245 kg (Werksangabe) zählt der DBX eindeutig zu den Grazileren im Konkurrenz-Umfeld, auch das ist bei der raschen Fahrt durch die kurvige Südeifel zu spüren.

Antriebstechnik von Mercedes

Wenn es einmal etwas schneller ums Eck geht und die Assistenzsysteme per Fahrmodus die Leine etwas länger lassen, bleibt die Fahrt immer noch sehr neutral, das Heck drängt dann etwas nachdrücklicher nach außen, was den agilen Eindruck noch verstärkt. Stolz sind sie bei Aston Martin auch über die sehr ausgewogene Gewichtsverteilung von 54(vorn) (hinten) zu 46 Prozent, das zahlt sich hier aus. Die konnte unter anderem durch einen weit zurück versetzten Motor erreicht werden, wiederum möglich gemacht durch einen vom ersten Strich an für diesen Einsatzzweck konziperten Unterbau. Anders als viele Konkurrenten musste der DBX keine bereits existierende Plattform übernehmen.

Dennoch stammen große Teile des Antriebsstrangs von Partner Mercedes, der Motor und das Getriebe gehören ebenso dazu, wie der Allradantrieb. Aber das ist ja beileibe keine schlechte Adresse, es kann einen da schon schlechter treffen. 550 PS leistet der Vierliter-Biturbo von AMG, die Automatik mit Drehmomentwandler verfügt über neun Fahrstufen. Die wechselt sie diskret und rasch, nur das Zucken des Drehzahlmessers verrät die neu eingelegte Übersetzung.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Achtzylinder praktisch immer und auf den Punkt mehr als genug Leistung zur Verfügung stellt. Turboloch? Nie gehört. Hohe Drehzahlen? Braucht er turbotypisch nicht. Was freilich nicht bedeutet, dass er es nicht könnte. Auch jenseits der 5.000 (Nenndrehzahl 6.500, Drehmoment-Maximum bei 2.200 bis 5.000 Umdrehungen) legt der V8 blitzartig zu, erst bei 7.000 ist Schluss.

Innen größer als von außen vermutet

Dabei darf man sich bequem in den Sesseln lümmeln, der ist mit feinem Leder bezogen und bietet mehr als ausreichend Seitenhalt für schnelle Kurvenfahrt. Das Raumangebot zeigt sich ohnehin sehr großzügig, auch das sieht man dem DBX von außen nicht unbedingt an. Auf der Rückbank gibt es reichlich Knieraum, selbst wenn ein groß gewachsener Fahrer (1,89) sein Fauteuil weit nach hinten geschoben hat. Und im Kofferraum gibt es 632 Liter Stauraum, auch das ist für die meisten Fälle weit mehr als ausreichend.

Aston Martin DBX
Aston Martin
Das Raumangebot ist gut, die Bedienung von Mercedes inspiriert.

Ein paar Sätze zur Bedienung: Auch die ist deutlich Mercedes-inspiriert, etwa mit dem typischen Wischerschalter oder dem Dreh-Drücksteller mit Handauflage des Vor-MBUX-Comandsystems. Die freilich zeigt: Eine zentrale Bedieneinheit mit haptischen Qualitäten ist intuitiver und sicherer zu handhaben als ein Touchscreen-basiertes System. Eher unpraktisch: die Drucktasten für Getriebestufen. Da wäre ein einfacher Wählhebel zwar praktischer, doch die großen Tasten in der Mitte zählen letztlich zur Aston-Folklore.

Im Übrigen bietet Aston Martin für verschieden Einsatzzwecke unterschiedliche Zubehörpakete für Jäger, Event-Hopper, Skifahrer oder auch Hundebesitzer an, wobei diese sogar über ein Hundereinigungssystem verfügt.

Was die letzte große Frage aufwirft. Nämlich die, ob der 550 PS starke Power-SUV im Gelände ordentlich vorankommt. Das durfte ein anderer DBX kurz vor der Autobahn- und Landstraßenfahrt im Offroadpark am Nürburgring beweisen. Instruktor Stephen fährt im eigenen DBX voraus, hat vorher nur kurz die verschiedenen Funktionen fürs Offroad-Fahren erklärt, unter anderem die Bergabfahr-Kontrolle. Denn der DBX ist nicht nur der erste Aston-SUV, sondern auch der der ersten Aston Martin mit Hill Descent Control. Die arbeitet hervorragend, wobei die Funktion nicht von ungefähr an jene in Mercedes GLE und GLS erinnert.

Auch offroad bleibt der DBX souverän

Warte zehn Sekunden, bis du nachkommst und stelle die Descent Control auf zwei km/h sagt Stephen über Funk. Aus gutem Grund: Hinter einem kleinen Schild, das lapidar knapp 55 Prozent Gefälle ankündigt, verschwindet die Eifel scheinbar vor der Motorhaube des DBX und taucht erst am Horizont wieder auf als die Haube nach unten kippt.

Stephens Auto scheint 50 Meter tiefer über die Wiese zu pflügen, innerlich bereiten sich die Organe vermutlich bereits auf den freien Fall vor. Ein kurzer Rutscher, dann kriecht der Aston nach unten, sehr langsam kommen der sichere Boden und das Führungsfahrzeug näher. Per Tempomatschalter kann dann die Geschwindigkeit km/h-weise erhöht werden, sehr einfach und wirkungsvoll.

Später stapft der DBX durch tiefes Geröll, setzt beim Gasgeben zum leichten Drift an, bevor die Vorderräder mehr Drehmoment zugewiesen bekommen und den Wagen gerade ziehen. Einen halben Meter tiefe Wasserfahrten, Anfahren am Steilhang, all das bewältigt der große Aston Martin mit einer Lockerheit, als würde die kleine Edel-Sportwagenschmiede seit Jahrzehnten nichts anderes machen, als potente Geländegänger für britische Kommandoeinheiten bauen.

Die Runde durch den Offroadpark ist schnell zu Ende. Willst du nochmal, fragt Stephen per Funk. Nach klar will ich. Ach, doch noch eine Frage? Was er kostet? Ab 178.874 Euro, lautet die Preisempfehlung für Deutschland. Und auch damit kann sich der DBX im Kreise seiner Konkurrenten durchaus sehen lassen.

Fazit

Das kann sich sehen lassen, Aston Martin! Der DBX zeigt sich trotz seiner Größe kurvenverliebt und leichtfüßig. Und über gehöriges Offroad-Talent verfügt er zudem. Das wird für gehörigen Wind in der Power-Luxus-SUV-Sparte sorgen.

Technische Daten
Aston Martin DBX
Grundpreis204.500 €
Außenmaße5039 x 1998 x 1680 mm
Kofferraumvolumen638 bis 1530 l
Hubraum / Motor3982 cm³ / 8-Zylinder
Leistung405 kW / 550 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit291 km/h
Verbrauch11,8 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 09 / 2024
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Erscheinungsdatum 11.04.2024

148 Seiten