auto motor und sport Mobiliäts-Kongress 2018 Prof. Schuh: Tesla und Mission e sind nicht die Zukunft

Porsche will auf den Diesel verzichten – zumindest dieses Jahr – und e.Go-Gründer Günter Schuh fordert die Industrie zum Umdenken auf: Große Reichweite für E-Autos könne nicht das Ziel sein. Spannende Beiträge, aktuell vom auto-motor-und-sport-Kongress zur Mobilität der Zukunft.

Porsche prüft, dauerhaft auf Dieselantriebe zu verzichten. „Wir schauen, wie dieses Jahr ohne Dieselantriebe läuft und ob es auch ohne Diesel geht“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume auf dem auto motor und sport-Kongress am Dienstag in Stuttgart. „Wir werden zum Jahresende entscheiden, ob wir noch einmal mit einem Diesel kommen.“

Porsche-Chef: Diesel gut, Image schlecht

ams Kongress 2018 Redner Oliver Blume

Porsche hatte zum Jahresbeginn den Diesel in seinen SUV Cayenne und Macan aus dem Programm genommen. Zwar sei der Diesel weiterhin ein attraktives Aggregat, insbesondere für große und schwere Autos, so Blume. Allerdings habe ihm die Dieseldebatte geschadet. Dabei seien die neuen Euro-6-Diesel ganz hervorragend. Blume bestätigte auf dem Kongress, dass die Dieselmodelle von Cayenne und Macan noch in diesem Jahr in die Werkstatt zurück gerufen werden. Nach Medienberichten gibt es beim Dreiliter-Sechszylinder-Diesel des Macan Hinweise auf eine Abschalteinrichtung.

Porsche setzt auf Plug-in-Hybrid

Blume kündigte an, dass Porsche in Zukunft neben Verbrennern auch Plug-in-Hybride und rein elektrisch Fahrzeuge anbieten werde. Dabei setzt Porsche bei den Verbrennern auf Benziner: den Sechszylinder-Boxermotor mit Biturbo-Aufladung für die reinen Verbrenner-Modelle beim 911, bei den Hybriden auf den Vierliter-V8-Motor und den V6 mit Elektromotor. Dabei glaubt Blume, dass sich insbesondere der Plug-in-Hybrid als alternativer Antrieb durchsetzen wird. „Porsche wird 2022 ein Drittel seiner Modelle mit einem elektrifizierten Antrieb – also einem Plug-in-Hybrid oder einem rein elektrischen Antrieb – ausstatten“, sagte Blume.

RWHT-Professor und e.Go-Chef Schuh: Industrie muss umdenken

Ein radikales Umdenken in Sachen Elektroauto hat Prof. Günter Schuh, Chef des Elektroautoherstellers e.GO Mobile, von der Autoindustrie gefordert. Autos wie Teslas Model S oder auch Porsches Mission E seien „nicht die Zukunft der Elektromobilität, sie sind eine emotionale Ausnahme“, sagte Prof. Schuh auf dem auto motor und sport-Kongress am Dienstag in Stuttgart vor 400 Automanagern. Derzeit gäbe es eine Reichweitenprotzerei, angekündigt seien Autos mit elektrischen Reichweiten von 400, 500 Kilometern und mehr. „Kommen die wirklich? Und wenn ja, in welcher Preiskategorie?“, fragte Schuh.

Mehr Reichweite? Unnötig!

Der Professor an der RWTH Aachen, der auch schon den Streetscooter der Deutschen Post DHL mitentwickelt hat, glaubt nicht, dass sich Elektroautos mit immer größeren Batterien und besserer Leistung durchsetzen werden. „Wir haben 30 Elektroautos auf dem Markt, die aber keiner kauft“, so Prof. Schuh. „Reflexion wäre jetzt gut. Wenn schon 30 auf dem Markt sind, die keiner kauft, braucht man nicht noch 30 weitere, die keiner kauft.“

Auch wenn es Käufer für Luxusmodelle von Tesla und Porsche gäbe: „Der Fahrzeugmarkt muss in der Masse funktionieren“, so Schuh. Derzeit gehe es darum, den Zweitwagen, der nur für kurze Strecken benutzt wird, zu elektrifizieren. Dafür genügten kleine Batterien mit geringeren Reichweiten. „Jedermann muss sich ein Elektroauto leisten können, auch der Postbote, der mit dem Streetscooter die Post ausfährt.“ Solange die Autoindustrie jedoch keine günstigen Elektroautos anbiete, sieht Schuh die Elektromobilität nicht vor dem Durchbruch. Die Autoindustrie müsse endlich umdenken: „Es ist Blödsinn, dass ein gutes Elektroauto schnell und weit fahren können muss. Das geht mit der Batterietechnik nicht.“

Kritik äußerte Schuh, dass die Politik den CO2-Flottenausstoß weiter senken will. Mit 60 Gramm pro Kilometer stoße man an physikalische Grenzen. „Das ist so viel, wie vier Fahrradfahrer an CO2 ausstoßen.“ Kümmern müsse sich die Politik vielmehr um Belastungen wie den Ausstoß des giftigen NOx.

Der auto motor und sport Kongress 2018

Zum 9. Mal richtet auto motor und sport auf der Stuttgarter Messe seinen großen Kongress zur Mobilität der Zukunft aus. Bei der eintägigen Veranstaltung, die am Dienstag, 20. März, um 9.30 Uhr beginnt, geht es um alle Aspekte einer sich rasant verändernden Mobilität. Porsche-Chef Oliver Blume beschreibt, wie sich ein Sportwagenhersteller wandeln muss, um die neuen Kundenbedürfnisse zu befriedigen.

Künstliche Intelligenz und Elektromobilität

Daimler-Entwicklungsvorstand Ola Källenius gibt Einblick, welche Rolle die künstliche Intelligenz auf die Ausrichtung der Marke hat. Und wie man beim Bau eines Elektroautos ganz andere Wege gehen kann, erläutert Günther Schuh, der als Inhaber des Lehrstuhls für Produk- tionssystematik an der RWTH Aachen nach dem StreetScooter-Projekt in diesem Jahr die Elektroauto-Marke e.GO auf den Markt bringt.

Neil Harbisson mit implantierter Antenne im Kopf

Neil Harbisson, Gründer der Cyborg Foundation, berichtet als erster Mensch mit einer implantierten Antenne im Kopf, wie es sich im Alltag als Mensch- Maschine lebt. Seine WiFi-Antenne erlaubt es ihm nicht nur, eine angeborene Farbschwäche zu überwinden, indem er Farben durch Töne wahrnimmt. Er kann damit auch Signale und Daten von Satelliten empfangen. Künstliche Intelligenz wird es künftig möglich machen, dass Menschen und Maschinen sich in vielerlei Hinsicht immer enger miteinander vernetzen.

Redner-Lebensläufe auto motor und sport Kongress
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Das Programm des auto motor und sport-Kongress
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Diese Redner sprachen auf dem Kongress 2018

  • Prof. Dr.-Ing. Prof. e. h. Wilhelm Bauer (Geschäftsführender Institutsleiter // Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO)
  • Oliver Blume (Vorstandsvorsitzender // Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG)
  • Anette Bronder (Geschäftsführerin Digital Division & Telekom Security // T-Systems)
  • Torsten Gollewski (Leiter Vorentwicklung // ZF Friedrichshafen AG und CEO // Zukunft Ventures GmbH)
  • Prof. Dr. Peter Gutzmer (Vorstand Technologie und stv. Vorstandsvorsitzender // Schaeffler AG)
  • Neil Harbisson (Gegenwartskünstler und Cyborg-Aktivist)
  • Sascha Karimpour, Managing Director Plug & Play Germany GmbH
  • Ola Källenius (Vorstand Forschung & Entwicklung // Daimler AG)
  • Dr. Tom Kirschbaum (Gründer & Geschäftsführer // Door2Door)
  • Dr. Jörg Rheinländer (Mitglied der Vorstände // HUK-Coburg Versicherungsgruppe)
  • Dr.-Ing. Thomas Sauter-Servaes (Mobilitätsforscher und Studiengangleiter Verkehrssysteme // Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften – ZHAW)
  • Prof. Dr. Günther Schuh (Direktor Werkzeugmaschinenlabor // RWTH Aachen)
  • Timo Sillober (Leiter Products, Digital, Sales & Marketing // EnBW Energie Baden-Württemberg AG)
  • Andreas Tschiesner (Senior Partner und Leiter Automotive und Advanced Industries Sektor in EMEA // McKinsey)
  • Dr. Xing Yuan (General Manager of Strategy and Head of Automotive Services // Baidu Intelligent Vehicle)
  • Alexander Zosel (Co-Founder & Chief Innovation Officer)

Sehen Sie in der Galerie die hochkarätigen Redner.