„Sonntagsauto“
Maserati Biturbo, Italiener mit giftigem Charakter

Der Maserati Biturbo ist ein unterschätzter und verkannter Italiener mit viel Flair. Zudem ist er wohl eine der günstigsten Möglichkeiten in die italienische Luxusklasse einzusteigen.

Maserati Biturbo
Foto: Archiv

In den 80er Jahren wollte Maserati raus aus der Nische und bei den Stückzahlen ordentlich zulegen. Unter der Regie von Alejandro De Tomaso, der die Marke mit dem Dreizack 1975 von Citroën übernommen hatte, sollte der neue Maserati Biturbo neue Kunden anlocken.

„Die italienische Autoindustrie leidet unter einer schwierigen Krankheit“, erläuterte der geborene Argentinier seine Biturbo-Philosophie, „die Wagen sind unzuverlässig, mit schlechtem Finish und lieblos produziert.“ Sein Gegenkonzept: Einen Wagen für den Connaisseur zu bauen, der schnell ist, eine berühmte Marke repräsentiert, und das alles noch zu einem niedrigen Preis.

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Maserati Biturbo
Maserati
Impressionen vom Maserati Biturbo.

Anders als seine Markengefährten trat der Biturbo äußerst kompakt auf und trug den Maserati-Nerz nur innen. Auch preislich war der Biturbo deutlich unter den bisherigen Modellen angesiedelt. Produziert wurde der Maserati Biturbo bis 1994 in den Karosserievarianten Coupé, Cabrio und Limousine. Auf der Motorseite kam immer ein V6-Biturbo zum Einsatz, der allerdings in Hubraum und Leistung stark variierte. Die neue Technik und die vielen Variationen sorgten dann auch kurz nach Produktionsanlauf für zahlreiche Probleme und schädigte so den Ruf des kleinen Maserati nachhaltig und handelten der ersten Biturbo-Serie in Italien den Spitznamen „Bidone“ (großer Mülleimer mit vier Rädern) ein.

Biturbo rettet Maserati vor dem Untergang

Der Maserati Biturbo ist ein kompaktes Auto mit Ecken und Kanten, das schlicht und gleichzeitig edel wirkt. Die kurzen Karosserieüberhänge und die angedeutete Keilform verleihen ihm zusätzlich einen Schuss Aggressivität. Mit seinen eckigen Einzelscheinwerfern und dem Reißzahn im Kühlergrill wirkt er im Rückspiegel reichlich böse.

Die Maserati Biturbo Spyder-Front ziert der Maserati-Dreizack, der insgesamt exakt zwei Dutzend Mal auf dem Auto verteilt ist – auf den Türgriffen ebenso wie auf den edlen, polierten Alu-Einstiegsleisten. Das Firmenwappen, das von dem berühmten Neptun-Brunnen in Bologna inspiriert ist, trägt der kleine Maserati mit vollem Recht: Es war der immerhin 24.700 Mal gebaute Maserati Biturbo, mit dem Maserati-Chef Alejandro de Tomaso die marode Firma vor dem Ruin rettete.

Maserati Biturbo glänzt durch innere Werte

Der Maserati Biturbo Spyder trägt den Nerz nach innen. Allein der Maserati-Schriftzug am Armaturenbrett, eine kunstvolle Einlegearbeit in poliertem Walnussholz, rechtfertigt den Kauf des Autos. Der Innenraum ist verschwenderisch mit gerafftem Wildschweinleder und Alcantara ausgekleidet.

Der breite Innenraum des Maserati Biturbo bietet zwei Personen großzügig Platz, die Sitze sind weich gepolstert und erinnern an die Fauteuils in einem luxuriösen Frisiersalon. Auch die Sitzposition passt. Der Fahrer, in dessen Blickfeld nicht weniger als acht Maserati-Embleme liegen, wird nicht in die für viele italienische Sportwagen übliche Froschposition mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen gezwungen. Er kann die Fahrt in lockerer Haltung angehen.

Maserati Biturbo 228, Cockpit
Frank Herzog
Allein der Maserati-Schriftzug am Armaturenbrett, eine kunstvolle Einlegearbeit in poliertem Walnussholz, rechtfertigt den Kauf des Autos.

Für Fahrfreude sorgen die V6-Motoren. Wegen der italienischen Steuergesetze hatte Maserati-Chef de Tomaso den Hubraum des Maserati Biturbo auf lediglich zwei Liter festgelegt. Um dennoch die einem Maserati würdige Leistung zu erreichen, wurde je Zylinderreihe ein Abgasturbolader montiert.

Ein weiterer Trick von Motorenkonstrukteur Giulio Alfieri bestand darin, auf der Einlassseite zwei Ventile mit unterschiedlichen Durchmessern zu installieren – das kleinere für niedrige, das größere für hohe Drehzahlen. Damit sollte die Schwäche der bisherigen Turbomotoren – schlagartiger Leistungseinsatz und wenig Drehmoment im unteren Drehzahlbereich, beseitigt werden.

Für Exportmärkte wurden später Versionen mit 2,5- und 2,8-Liter Hubraum nachgelegt. Das Leistungsspektrum des Biturbo reichte so von 180 bis über 280 PS. An Leistung fehlte es dem kleinen Dreizack also nicht. Höchstens an ausreichender Beachtung.

Gebrauchte Biturbo sind noch günstig

Entsprechend niedrig sind daher noch die Preise für gebrauchte Maserati Biturbo. Wenn es nicht gerade ein Spider ist, bekommt man leicht einen Biturbo um 10.000 Euro – sehr wenig für einen echten Maserati. Andererseits ist so manche Reparatur bei dem Italiener besonders teuer. So können die die Wartungskosten für den Exoten durchaus mit denen eines Ferrari 328 verglichen werden.

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Erscheinungsdatum 11.04.2024

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