Canoo Lifestyle Vehicle (2022)
Futuristischer Van soll 34.750 Dollar kosten

Canoo will ab 2022 einen Elektro-Van auf die Straße bringen, der auf einer neuartigen Skateboard-Plattform aufbaut. Jetzt gibt das Startup dessen Preis bekannt.

Canoo

Strategiewechsel bei Canoo: Das kalifornische Startup wird seinen futuristisch gestylten Elektro-Van namens Lifestyle Vehicle doch nicht zum Mieten, sondern klassisch zum Kauf anbieten. Das in Los Angeles beheimatete Startup gab nun die Preise bekannt: Das Erstlingswerk soll in der Basisversion 34.750 Dollar (aktuell etwa 28.500 Euro) kosten. Für die höchste der vier Ausstattungslinien, deren Umfang Canoo bisher jedoch geheim hält, rufen die Kalifornier 49.950 Dollar (fast 41.000 Euro) auf.

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Die Modellpalette von Canoo soll nahezu jede Fahrzeugklasse umfassen.

Ursprünglich war geplant, dass Nutzer das Lifestyle Vehicle zu einem monatlichen Komplettpreis mieten können. Die Firma wollte mit dem elektrisch angetriebenen Van ein Auto mit möglichst kleinem ökologischen Fußabdruck anbieten und ein Paketangebot machen, in dem Wartung, Versicherung und Strom schon enthalten sind. Der Canoo sollte ohne festgelegte Laufzeit gemietet werden können.

Skateboard-Plattform im Einsatz

Das Lifestyle Vehicle basiert auf einer sogenannten Skateboard-Plattform. Darin sind alle für den Antrieb benötigten Komponenten bereits enthalten, sodass viele unterschiedliche Karosserievarianten übergestülpt werden können. Rennfahrerin Sara Price testet im Video unter diesem Absatz die Leistung der "nackten" Plattform mit ihrer Drive-by-Wire-Lenkung in verschiedensten Sitzkonfigurationen – mal vorn, mal hinten, mal zentral. Das Lenkrad lässt sich an jedes Kabinen-Design oder jede Fahrerpositionierung anpassen. Diese Vielseitigkeit soll sich für autonomes Fahren eignen, sobald dies technisch möglich und erlaubt ist.

Die Plattform unterstützt Doppel-, Front- oder Heckmotor-Konfigurationen und kann mit Doppelmotoren bis zu 500 PS eine Reichweite von über 482 Kilometer erreichen. Die hintere Primäreinheit ist für eine maximale Leistung von 304 PS und ein Drehmoment von 450 Newtonmetern ausgelegt, die vordere Einheit für eine maximale Leistung von 200 PS und ein Drehmoment von 320 Newtonmetern. Der Wirkungsgrad der Motoren soll 97 Prozent betragen.

Akku mit 80 kWh Kapazität – 400 km Reichweite

Das Lifestyle Vehicle, dessen 80-kWh-Akku in der tragenden Skateboard-Architektur im Fahrzeugboden steckt, soll möglichst viel Platz bieten. Die Reichweite ist mit gut 400 Kilometern angegeben. In 28 Minuten soll der Akku zu 80 Prozent geladen sein – das entspricht 320 Kilometern Reichweite. Der die Hinterachse antreibende und – wie skizziert – 304 PS sowie maximal 450 Newtonmeter starke E-Motor soll den Canoo auf (abgeregelte) 200 km/h beschleunigen.

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Trotz guter Raumausnutzung soll ein cw-Wert von 0,33 herauskommen.

Auf dem Chassis sitzt eine mit Thermoplast-Kunststoff beplankte Stahlkarosserie. Diese wird jedoch nicht lackiert, sondern foliert, weshalb die Farbpalette laut Hersteller unendlich groß ist. Das Leergewicht beträgt zwei Tonnen, die Zuladung 580 Kilogramm. Die vier Modellvarianten heißen "Base", "Premium", "Adventure" und "Delivery". Während es sich bei Letzterer um die Lieferwagen-Variante handelt, kommt der Adventure mit größerer Bodenfreiheit, verstärkten Stoßfängern und einem Unterfahrschutz aus Metall daher.

Die Außenwände sind steil, die Räder in die Ecken gerückt. Bei 4,42 Metern Länge hat der Fünf- oder Siebensitzer einen Radstand von 2,85 Metern. Der Elektro-Van ist außerdem 1,90 Meter breit und 1,85 Meter hoch. Der Innenraum ist in einem schlichten Stil eingerichtet, die Passagiere sitzen auf einer loungeartigen, umlaufenden Bank. Ein großes Glasdach lässt Licht ins Auto. Trotz steiler Außenwände soll der cw-Wert mit 0,33 für einen Van sehr ordentlich ausfallen.

Steer-by-Wire – Lenken ohne Lenksäule

Das Lenkrad ist klein, eckig und hat keine mechanische Verbindung zu den Rädern – der Canoo ist nach eigenen Angaben das erste Auto mit Steer-by-Wire ohne mechanische Rückfallebene. Das System ist komplett redundant. Fünf Radar- und zwölf Ultraschallsensoren sowie sieben Kameras unterstützen den Fahrer.

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Der Canoo hat keine Lenksäule, der Fahrer steuert mit Steer-by-Wire.

Zu den Mitgründern von Canoo gehörten ursprünglich zwei Deutsche. Der erste Vorstandsvorsitzende Stefan Krause, ein ehemaliger Deutsche-Bank-und BMW-Vorstand, gab sein Amt jedoch im Sommer 2019 auf. Ihm folgte der vorherige Technik-Direktor Ulrich Kranz, der als Vater des BMW i3 gilt. Doch auch er ist nicht mehr im Unternehmen; Ende April 2021 gab Kranz seinen CEO-Posten an Tony Aquila ab. Auch zwei andere hochrangige Manager verließen kürzlich das Unternehmen. Zwischenzeitlich war zudem Ex-Opel-Chef Karl-Thomas Neumann bei Canoo an Bord.

US-Börsenaufsicht SEC ermittelt

Allerdings geht es bei Canoo derzeit nicht nur wegen der vielen Personalwechsel turbulent zu. Wie Aquila bei der Vorstellung der Bilanz für das erste Quartal 2021 zugab, ermittelt derzeit die US-Börsenaufsicht SEC gegen das Unternehmen. Einzelheiten nannte er zwar nicht. Aber offenbar geht es bei den Untersuchungen um etwaige Unregelmäßigkeiten beim Börsengang, der im Sommer 2020 erfolgte. Zudem kann Canoo das Timing bei der Markteinführung seiner Autos nicht halten. Das Lifestyle Vehicle sollte eigentlich schon 2021 auf den Markt kommen. Auch der Elektro-Lieferwagen und der Canoo Pickup verschieben sich um jeweils ein Jahr auf 2023.

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Fazit

Canoo geht das Thema Auto radikal anders an, lässt beispielsweise die mechanische Lenksäule weg und reduziert das Interieur auf das Nötigste. Alles soll für den Nutzer so einfach wie möglich sein. Auf die Revolution in Sachen Vertrieb verzichten die Kalifornier allerdings. Statt – wie ursprünglich geplant – zum Mieten bieten sie ihr Lifestyle Vehicle nun doch ganz normal zum Kaufen an.

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