VW ID.1 und ID.2 (2025)
So sieht der Elektro-Polo aus

Die ID.-Familie bekommt laut VW-Chef Herbert Diess ab 2025 ein günstiges Einstiegs-Modell. Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus sollen die Kosten drücken, produziert wird in Spanien.

VW ID.1
Foto: VW

Derzeit bringt der VW-Konzern eine ganze Armada an Elektro-Autos auf Basis des Modularen Elektrobaukastens (MEB) auf den Markt – alle ab Kompaktklasse aufwärts. Die zuletzt dank Umweltprämie besonders günstigen Kleinwagen mit E-Antrieb (VW E-Up, Seat Mii Electric und Skoda Citigo-e iV) basieren aber noch auf einer alten Verbrenner-Plattform (PQ12), die für die Elektrifizierung erst aufwändig angepasst werden musste. Inzwischen sind sie, je nach Marke, nur noch mit extrem langen Lieferzeiten oder gar nicht mehr bestellbar. Ohne Förderung lagen sie preislich alle oberhalb der 20.000-Euro-Marke; der E-Up kostete sogar fast 22.000 Euro. Die PQ-Plattform ist zudem nicht mehr für ab 2023 geltende, neue Crashanforderungen zu ertüchtigen. Das Bauzeitende ist also absehbar, selbst wenn es die drei Kleinen ab 2022 noch mal mit E-Antrieb geben sollte.

Unsere Highlights

Aber VW-Chef Herbert Diess sagte schon im Herbst 2019 zur Automobilwoche: "Wir sehen Mobilität als Bürgerrecht, sie muss erschwinglich sein. Und das ist auch eine Aufgabe von Volkswagen". Flankiert wurde das von VW-Chef-Stratege Michael Jost. Dem Manager zufolge arbeitet Volkswagen an einem elektrischen Stadtauto, das weniger als 20.000 Euro kosten und über eine maximale Reichweite von 250 Kilometern verfügen soll. "Wir wollen ein solches Fahrzeug 2023/2024 auf den Markt bringen", sagte Jost der "Automobilwoche". Im Rahmen der Jahrespressekonferenz 2021 bestätigte VW-Chef Diess die Pläne, nannte aber einen Start im Jahr 2025.

Elektroauto Zukunft VW Konzern
VW
Nach Planungen von VW kommen die Elektro-Einstiegsmodelle (rechts) erst 2025.

Daraus lassen sich die Bezeichnungen ID.1 und ID.2 für die elektrischen Einstiegs-VW ableiten. Das ergibt Sinn, denn Volkswagen hat sich längst die Modellbezeichnungen ID.1 bis ID.9 und ID.1X bis ID.9X schützen lassen. Fraglich ist allerdings noch, ob das "X" für Crossover- oder lediglich für Allrad-Varianten der jeweiligen Modellreihe verwendet werden soll. Die Nomenklatur lässt jedoch viel Raum für Modelle unter- und oberhalb des bald startenden ID.3.

Abgespeckter MEB als Basis

Der neue MEB, auf dem der VW ID.3 basiert, ist allerdings als Basis für einen elektrischen Kleinwagen lange als zu teuer eingeschätzt worden. Tatsächlich lässt sich mit ihm wohl kein E-Auto als Ersatz für Up und Co. (3,60 Meter Länge) darstellen, nach unten ist er nur in engen Grenzen skalierbar.

VW MEB
VW
Der MEB hat beim VW ID.3. einen Radstand von 2,77 Meter.

Der Radstand lässt sich nicht beliebig kürzen, da zwischen den Rädern der fixe Batteriekasten sitzt. Deswegen war zunächst Seat mit der Entwicklung einer kostengünstigen Plattform für die kleinen E-Autos beauftragt. Das ist vom Tisch, VW hat diese Aufgabe wieder an sich gezogen und entwickelt offenbar eine nur wenig kürzere Variante des immerhin schon in Produktion befindlichen MEB (ID.3, ID.4). Der Radstand ist gegenüber dem ID.3 nur um sieben Zentimeter auf 2,70 Meter gekürzt. Für die Außenlänge heißt das: Unter vier Meter wird nicht möglich, denn auch die Überhänge lassen sich des Crashverhaltens wegen nicht beliebig kürzen, die kleinste der zwei MEB-Radgrößen beträgt stattliche 710 Millimeter.

Der ID.3 ist 4,26 Meter lang, sieben Zentimeter weniger Radstand macht dann 4,19 Meter Gesamtlänge. Wenn aus den Überhängen insgesamt etwa 15 Zentimeter zu holen wären, käme ein ID.1 wenigstens auf Polo-Länge (4,06 Meter). Genau diese Abmessungen nannte VW-Chef Diess auch im Rahmen der Jahres-PK 2021: "Knapp unter 4 Meter, beziehungsweise um die 4 Meter!" Für den Polo könnte der Einstiegs-BEV dann auch eher Ersatz sein: Dessen Modellzyklus würde regulär 2024 enden, den Kleinwagen auf Basis des Modularen Querbaukastens (MQB) noch bis 2025 anzubieten könnte für VW lukrativ sein, wenn die Marke ihren Flottenverbrauch dank zahlreicher E-Autos ausreichend gesenkt hat. Und ein E-Auto-Ersatz für den Polo lohnt sich mit Rücksicht auf das Absatzpotenzial eher: Der Polo kommt pro Jahr immerhin auf rund 700.000 Stück und damit schon in Regionen wie Tiguan und Golf (ca. 950.000).

Günstigere Zellchemie

Dafür spart VW am teuersten Teil, der Batterie: Im gleichen Kasten kommen weniger Module zum Einsatz, statt wie beim ID.3 minimal 48 kWh wird der Akku lediglich 38 kWh Kapazität haben. Und am 22. Oktober 2020 verkündete Herbert Diess auf LinkedIn, wie VW beim Akku noch mehr sparen wird. Eigentlich zum Thema Batterie-Recycling sich äußernd schrieb der VW-Chef: "Eisenphosphat-Batterien werden schon heute bei 2 Mio. Autokilometern oder 16 Jahren gesehen – und (haben) danach noch bei 80% Kapazität für ein 2nd Life. Allerdings sind sie schwerer und die Fahrzeuge haben damit geringere Reichweiten – für viele Anwendungen dennoch optimal – VW plant für das "SMALL BEV" Lithium-Eisenphosphat Batterien – kobaltfrei." Die Verwendung dieser Zellchemie ließ im Sommer 2020 schon beim BYD-Flaggschiff Han aufhorchen und kürzlich verkündete dann Tesla-Chef Elon Musk die Verwendung von LiFePO4-Batterie beim Model 3 aus chinesischer Produktion. Damit ging eine 8-prozentige Preissenkung für Teslas Einstiegsmodell im Reich der Mitte einher, was offenbar zu einem regelrechten Run auf das Modell während der Auto China in Peking führte.

Ein weiterer Vorteil der LiFePO4-Batterien ist zudem ihre geringe Brandgefährlichkeit. Das gefürchtet thermische Durchgehen von Litihium-Nickel-Mangan-Kobalt (Li-NMC) ist ihnen fremd, selbst wenn die Zellen durchbohrt werden, geraten sie im Gegensatz zu Li-NMC-Zellen nicht in Brand. Allerdings fallen sie bei gleicher Leistung etwas größer aus – nicht die besten Voraussetzungen für einen Einsatz in einem Kleinwagen. Andererseits: Bleibt der Batteriekasten des MEB gleich, spart das Geld und ließe dann sicher Platz für ausreichend Kapazität, auch wenn er mit einem Lithium-Eisenphosphat-Akku bestückt werden würde.

Dass diese Zell-Art vor allem in China Konjunktur hat, passt auch zum dritten VW-Joint-Venture mit JAC: Dort soll ein kleines E-Auto für den chinesischen Markt entstehen. Zeitweilig gab es Pläne, dessen Technik auch für das E-Auto-Einstiegsmodell in Europa einzusetzen. Der Plan ist aber offenbar vom Tisch – zu unterschiedlich sind die Anforderungen der Märkte. Aber bei der unsichtbar zwischen den Achsen verbauten Batterie könnte das Joint-Venture ja helfen.

Kleiner Crossover als zweites Einstiegsmodell?

Um dem vergleichsweise teuren Einstiegsmodell auch einen Mehrwert für den Kunden mitzugeben und um die anhaltend starke Nachfrage nach SUVs bedienen zu können, könnte der kleine ID.1 einen Crossover-Ableger (ID.2) in der Größe des T-Cross etwa bekommen, auch wenn sie als Stadt-Auto konzipiert sind. Das würde zudem den Preisdruck ein wenig reduzieren und erlauben, mit dem neuen kleineren E-Baukasten Modelle mit ein wenig mehr Rendite darzustellen. Das Segment der besonders kleinen Autos will VW aber nicht ganz aufgeben – es gibt genug Märkte (z.B. Südeuropa) wo knappe Außenabmessungen für die Käufer unabdingbar sind. Gleichzeitig dürften Konkurrenten noch größere Probleme haben, hier gute Angebote zu bezahlbaren Produktionskosten auf die Räder zu stellen, was das Marktvolumen für den Volkswagenkonzern vergrößern könnte.

Martorell als Produktionsstandort

Bei den strategischen Überlegungen des Konzerns spielen auch immer die Werke eine Rolle. Wie im Mai 2020 bekannt wurde, sollten der ID.1 sowie dessen Seat- und Skoda-Ableger nicht in Emden, sondern in Osteuropa gebaut werden. Das "Handelsblatt" berichtete seinerzeit, dass der Aufsichtsrat des Konzerns die Grundsatzentscheidung getroffen habe, das E-Modell im slowakischen Bratislava zu fertigen. Diese Entscheidung scheint inzwischen vom Tisch zu sein. Nach dem Einstiegs-Elektroauto gefragt, verwies VW-Chef Herbert Diess auf der Jahrespressekonferenz 2021 nämlich auf einen Produktionsstart in Spanien. Das würde zur jüngst verkündeten Entscheidung passen, das Seat-Werk in Martorell zum reinen Elektromobilitäts-Standort umzubauen. Ob es dennoch bei einer zweiten Produktion in Bratislava bleibt, bleibt abzuwarten. Für beide Standorte sprechen die Kosten: Ein Verkaufspreis von knapp 20.000 Euro ist angesichts der Lohnkosten in Deutschland nicht realisierbar. Für den ID.2 strebt VW einen Preis von unter 25.000 Euro an.

Im Format des aktuellen Seat Arona

3/2021, Cupra MEB Entry Elektroauto
Screenshot Seat/Cupra PK
Im Rahmen der Jahrespressekonferenz von Seat und Cupra wurde eine erste Design-Skizze des kleinen E-Autos gezeigt.

Im Rahmen der Jahrespresskonferenz von Seat und Cupra hat der Vorstandsvorsitende beider Marken, Wayne Griffiths, eine erste Designskizze des neuen Elektroautos gezeigt. Intern läuft das Projekt unter dem Namen "Urban Electric Vehicle". Es soll "im Format dem aktuellen Seat Arona entsprechen", stellte Wayne Griffiths in Aussicht. Gleichzeitig ließ er auch auf Nachfrage offen, ob daraus eine Programmerweiterung für Seat oder Cupra werden wird.

Die Entscheidung, ob das Elektroauto im spanischen Martorell gebaut wird, hängt auch von Fördermitteln der spanischen Regierung sowie der Europäischen Kommission ab. Bis zu 500.000 Einheiten im Jahr sollen nicht nur für Seat bzw. Cupra, sondern auch für VW und Seat entstehen. Auch ein kleiner Elektro-Audi auf gleicher Basis ist eine mögliche Option.

Umfrage
Verfolgt VW mit seinen ID-Modellen die richtige Strategie?
61540 Mal abgestimmt
Ja. Die Zukunft ist batterieelektrisch, und da ist VW ganz vorn dabei.Nein. Man muss weiter technologieoffen bleiben. VW setzt aufs falsche Pferd.

Fazit

Kleinwagen rentabel zu bauen ist wegen der CO2-Gesetzgebung ein schwieriges Geschäft. Sprit-Spar-Techniken sind für die absolut niedrigen Preise der Autos zu teuer, der E-Antrieb erst recht.

Der VW-Konzern hat dank vieler Marken zumindest das Potenzial, viele elektrische Kleinwagen zu verkaufen und Entwicklungskosten auf große Stückzahlen zu verteilen. Und es gibt schon einen Baukasten, der massenhaft verkauft werden wird. Deshalb scheint es richtig, auf dessen Basis eine kostengünstigere Plattform zu entwickeln.

Die Entscheidung, den Elektro-Kleinwagen ID.1 in Martorell, den Elektro-SUV in Emden und den Elektro-Kompaktwagen ID.3 in Zwickau zu bauen, könnte für die Kosten ebenfalls hilfreich sein: Jedes dieser Werke kommt bei Volkswagens Elektro-Offensive zum Zug und trotzdem könnte sich die Aufteilung rechnen. Die wird beim ID.1 noch heikler als beim ID.3: Aber unter 20.000 Euro geht es allenfalls kosmetisch – dafür sind sehr CO2-arme Autos einfach zu teuer, das hatte der VW-Konzern früh deutlich gemacht.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten